Die zunehmende Hitzebelastung im Zusammenhang mit dem Klimawandel hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit und den Bildungserfolg von Lernenden. Dieser Abschnitt informiert Sie über die Schwere der Problematik und liefert Ihnen Handlungsmöglichkeiten, die Hitzebelastung und ihre Konsequenzen abzumildern.
Die Häufigkeit von Hitzewellen in Westeuropa hat laut einer aktuellen Studie drei- bis viermal schneller zugenommen als in den restlichen nördlichen mittleren Breitengraden wie etwa in den USA oder Kanada1. Je nach Szenario wird die Durchschnittstemperatur Europas bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zwischen 3,6°C (Szenario mit niedrigen Emissionen) und 8,5°C (Szenario mit hohen Emissionen) ansteigen2. In Deutschland wird zum Ende des 21. Jahrhunderts bei fortlaufendem Klimawandel eine Zunahme um bis zu zwanzig heißen Tagen pro Jahr erwartet3.
Hitze führt zu einer intensiveren Belastung des Herz-Kreislauf-Systems und kann ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen. Allein im Jahr 2022 wurden in Europa mindestens 15.000 Hitzetote registriert, wobei etwa 4.500 davon auf Deutschland entfielen4. Zudem kann Hitzebelastung, Dehydrierung und kognitive Beeinträchtigungen wie Gedächtnisprobleme herbeiführen5.
Die Hitzebelastung macht auch vor dem Bildungssektor nicht Halt. Kinder gehören zu den besonders gefährdeten Gruppen. Dies liegt neben ihren körperlichen Eigenschaften auch unter anderem daran, dass sie sich der Risiken extremer Hitze oft nicht bewusst sind. Beispielsweise suchen sie nicht eigenständig Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung6 und trinken oft nicht genug7.
Unter ungünstigen Bedingungen können die Temperaturen in deutschen Klassenzimmern auf bis zu 35°C ansteigen8. Im Sommer 2023 dokumentierten Lehrkräfte bereits um 8 Uhr morgens Temperaturen von bis zu 32°C aufgrund mangelnder Abschattung oder maroder Infrastruktur9. Solche hohen Temperaturen beeinträchtigen nicht nur das direkte Wohlbefinden von Lernenden und Lehrkräften, sondern wirken sich nachteilig auf Bildungsergebnisse aus. Die physische Belastung durch die Hitze kann den Lernprozess hemmen und somit zu geringeren Lernerfolgen führen.
"Schülerinnen und Schüler, ebenso aber auch die Lehrkräfte und anderes Schulpersonal arbeiten häufig in viel zu heißen Räumen, die teilweise nur unzureichend beschattet und gelüftet werden können10. "
Cornelia Schwartz
Vorsitzende des Philologenverbands Rheinland-Pfalz in News4Teachers 2023
"Das Hirn ist das hitzeempfindlichste Organ des Menschen und durch die Klimakrise wird es immer schwerer, ‘einen kühlen Kopf’ zu behalten."
Eckart von Hirschhausen
Gründer der Stiftung Gesunde Erde - Gesunde Menschen
Hohe Temperaturen können die Konzentration der Schüler:innen beeinträchtigen und somit ihre Fähigkeit, dem Unterricht aufmerksam zu folgen. Eine britische Studie in Southampton beschreibt, dass Sommerhitze der stärkste untersuchte Umweltfaktor für Lernschwierigkeiten bei Kindern ist11. Ähnliche negative Auswirkungen auf die Konzentration von Schüler:innen sind auch für Schulen in London bekannt12. Zudem belegen mehrere Studien, dass erhöhte Raumtemperaturen mit schlechteren Resultaten in kognitiven Tests und schulischen Prüfungen in Verbindung stehen13,14.
Die Hitzebelastung kann dazu führen, dass das Pausen- und Freizeitverhalten und somit die Erholung von Lernenden beeinträchtigt wird. Die Notwendigkeit, sich vor der Hitze zu schützen, kann zu einer gewissen sozialen Isolation führen, da weniger gemeinsame Aktivitäten stattfinden. Die ausbleibende Bewegung und das veränderte Pausenverhalten können die ungezwungene Atmosphäre der Pausen verändern und das soziale Miteinander nachteilig verändern.
Setzen Sie sich bei relevanten bildungspolitischen Entscheidungsträger:innen dafür ein, Prüfungszeiträume an die saisonalen Veränderungen des Klimawandels anzupassen. Durch die Festlegung von Prüfungszeiträumen in kühleren Jahreszeiten kann die Konzentrationsfähigkeit der Lernenden gesteigert werden, was zu verbesserten Leistungen führen kann.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Helfen Sie Bildungseinrichtungen, grüne und schattige (Außen-)Bereiche zu schaffen. Diese Maßnahmen bieten nicht nur Schutz vor Hitze, sondern schaffen auch angenehme Umgebungen für Pausen und den Unterricht im Freien. Unterstützen Sie außerdem Kommunen dabei, Schulwege so zu gestalten, dass Lernende vor Auswirkungen des Klimawandels geschützt sind. Ein Beispiel ist die Begrünung und Beschattung von Bushaltestellen.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Die im Juni präsentierte nationale Hitzeschutzstrategie des Gesundheitsministeriums hat Bildungseinrichtungen bisher außer Acht gelassen. Schaffen Sie strategische Allianzen mit renommierten Think Tanks, etablierten Netzwerken, Nichtregierungsorganisationen und Bildungsexpert:innen, um politische Entscheidungsträger:innen auf die Dringlichkeit aufmerksam machen, Bildungseinrichtungen in diese strategischen Maßnahmen einzubeziehen. Entwickeln oder unterstützen Sie fundierte Empfehlungen oder organisieren Sie Informationsveranstaltungen – abhängig von Ihrem Fokus auf kommunaler, regionaler oder nationaler Ebene. Darüber hinaus können Sie Ihre Medienkontakte nutzen, um das Anliegen noch stärker in die öffentliche und politische Diskussion zu rücken.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Fördern Sie die Kommunikation von persönlichen Erfahrungsberichten von Lehrkräften, Pädagog:innen, Eltern, Lernenden und anderen Bildungsakteur:innen, die die Belastung durch Hitze sowie mögliche Lösungen thematisieren. Dies könnte beispielsweise durch die Schaffung von Videos im Interviewformat geschehen. Unterstützen Sie die Verbreitung dieser Geschichten, um sowohl politisches als auch gesellschaftliches Bewusstsein für das Thema zu schaffen. Gleichzeitig kann dadurch der Handlungsdruck, beispielsweise für staatliche Investitionen in klimaresiliente Infrastruktur für Bildungseinrichtungen jedes Bildungsabschnittes erhöht werden.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Sensibilisieren Sie Lehrkräfte, Pädagog:innen und Eltern für das Risiko der Dehydration und Überhitzung bei (jungen) Kindern. Stellen Sie Informationsmaterialien bereit, die die Anzeichen von Dehydration und Überhitzung erklären, und schaffen Sie Strategien, um Kinder aktiv zur Flüssigkeitsaufnahme zu ermutigen. Initiieren Sie dafür beispielsweise (digitale) Veranstaltungen, Informationskampagnen oder die Integration dieses Themas in bestehende Bildungsprogramme und Schulungen für Lehrkräfte- oder Elternbildung.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Unterstützen Sie die Erstellung von Informationsmaterialien, um Bildungseinrichtungen dabei zu helfen, wirkungsvolle Praktiken zur Reduzierung der Innenraumtemperatur zu etablieren. Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem das frühe Lüften am Morgen (idealerweise vor Stoßzeiten des Autoverkehrs, siehe Luftverschmutzung), das Ausschalten nicht benötigter elektrischer Geräte und das Abtrennen von Ladegeräten von der Stromversorgung, um die Wärmeemissionen in den Innenräumen zu minimieren15. Entwickeln oder kommunizieren Sie beispielweise zielgruppengerechte Informationsplakate, die gezielt über diese Schritte informieren und kontinuierlich daran erinnern.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Beraten Sie Bildungseinrichtungen bei der Implementierung von infrastrukturellen oder technologischen Maßnahmen zur Reduzierung von Hitze oder unterstützen Sie Bildungseinrichtungen oder Schulfördervereine bei der Finanzierung. Denkbar ist die Installation von emissionsarmen Klimaanlagen, das Bestreichen der Dächer mit sonnenreflektierender Farbe oder das Anbringen von Außenjalousien. Achten Sie jedoch darauf, soziale Ungerechtigkeiten nicht weiter zu verschärfen, indem Sie den Fokus gezielt auf Bildungseinrichtungen in benachteiligten Regionen legen.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Ermutigen Sie Eltern dazu, ihre Kinder mit angemessener Kleidung wie Hüten und geeigneter Sommerbekleidung auszustatten, um sie vor den Auswirkungen von Hitzebelastung zu schützen. Starten Sie gezielte Informationskampagnen über Elternbriefe, Kommunikationskampagnen in den sozialen Medien und Workshops in Partnerschaft mit Bildungseinrichtungen, um das Bewusstsein für die Bedeutung von hitzeangepasster Kleidung zu schärfen.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
Fördern Sie Forschungsprojekte und wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahmen, die sich mit der Hitzebelastung von Lehrpersonal und Lernenden und den Auswirkungen auf Gesundheit und Lernerfolge befassen. Die Ergebnisse solcher Studien können dazu beitragen, das Bewusstsein zu schärfen und gezielte Handlungsmaßnahmen abzuleiten. Falls Ihnen einschlägige Forschungsprojekte oder Wissenschaftskommunikator:innen bekannt sind, helfen Sie bei der Verbreitung ihrer Ergebnisse in der Öffentlichkeit und bei relevanten Entscheidungsträger:innen aus der Bildungspolitik.
Ist diese Lösung für Ihre Stiftung relevant? Und wenn ja, setzen Sie diese bereits um?
1 Rousi, Efi; Kornhuber, Kai; Beobide-Arsuaga, Goratz; Luo, Fei; Coumou, Dim (2022): Accelerated western European heatwave trends linked to more-persistent double jets over Eurasia. In Nature communications 13 (1), p. 3851. DOI: 10.1038/s41467-022-31432-y .
2 European Environment Agency (2022): Climate change as a threat to health and well-being in Europe. Focus on heat and infectious diseases. Unter Mitarbeit von Aleksandra Kazmierczak, Rachel Lowe, Kim van Daalen, Katie Johnson und Shouro Dasgupta. European Environment Agency. Copenhagen (EEA report, 07/2022). Online verfügbar unter https://www.eea.europa.eu/publications/climate-change-impacts-on-health/at_download/file, zuletzt geprüft am 23.01.2023.
3 Deutschländer, Thomas; Mächel, Hermann (2017): Temperatur inklusive Hitzewellen. In: Guy P. Brasseur, Daniela Jacob und Susanne Schuck-Zöller (Hg.): Klimawandel in Deutschland. Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven: Springer Nature, S. 47–56. Online verfügbar unter https://library.oapen.org/bitstream/handle/20.500.12657/27943/1/1002056.pdf#page=67, zuletzt geprüft am 27.07.2023.
4 ZDF (2022): Zahlen der WHO: 2022 mindestens 15.000 Hitzetote in Europa. ZDF. Online verfübar unter https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/who-hitzetote-europa-2022-100.html, zuletzt geprüft am 16.06.2023.
5 Adan, Ana (2012): Cognitive performance and dehydration. In: Journal of the American College of Nutrition 31 (2), S. 71–78. DOI: 10.1080/07315724.2012.10720011 .
6 BMUV: Ratgeber für Kitas, Grundschulen und Eltern. Hitze, UV-Strahlung, Luftschadstoffe, Allergene, Mücken und Schildzecken. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Online verfügbar unter https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaanpassung/ratgeber_verhalten_hitze_kitas_bf.pdf, zuletzt geprüft am 18.08.2023.
7 Merhej, Rita (2019): Dehydration and cognition: an understated relation. In: International Journal Health Governance 24 (1), S. 19–30. DOI: 10.1108/IJHG-10-2018-0056 .
8 Hedtke, Kathrin (2023): „Gut auf sich und andere achten“. In: DGUV - Deutsche gesetzliche Unfallversicherung, 22.04.2023. Online verfügbar unter https://www.pluspunkt.dguv.de/gut-auf-sich-und-andere-achten/, zuletzt geprüft am 17.08.2023.
9 Gébl, Katalin (2023): Hitzeschutz an Schulen: Lücken in Lauterbachs Plan. Lehrer-News.de. Online verfügbar unter https://www.lehrer-news.de/blog-posts/hitzeschutz-an-schulen-luecken-in-lauterbachs-plan, zuletzt geprüft am 17.08.2023.
10 News4teachers (2023): Hitze macht Unterricht in maroden Schulen zur Qual: Philologen fordern Schutzplan für Schüler und Lehrer. Online verfügbar unter https://www.news4teachers.de/2023/06/hitze-macht-unterricht-in-maroden-schulgebaeuden-zur-qual-philologen-fordern-schutzplan-fuer-schueler-und-lehrer/, zuletzt aktualisiert am 30.06.2023, zuletzt geprüft am 17.08.2023.
11 Teli, Despoina; Jentsch, M. F.; James, P.A.B.; Bahaj, A. S. (2011): Overheating risk evaluation of school classrooms (Proceedings, World Renewable Energy Congress 2011 (07/04/11 - 10/05/11)). Online verfügbar unter https://eprints.soton.ac.uk/336281/.
12 Greater London Authority (2020): How London Schools and Early Years Settings can Adapt to Climate Change. Greater London Authority. London. Online verfügbar unter https://www.arup.com/-/media/arup/files/publications/g/gla-schools-adaptation-guidance.pdf, zuletzt geprüft am 18.01.2023.
13 Park, R. Jisung; Goodman, Joshua; Hurwitz, Michael; Smith, Jonathan (2020): Heat and Learning. In: American Economic Journal: Economic Policy 12 (2), S. 306–339. DOI: 10.1257/pol.20180612 .
14 Cedeno Laurent, Jose Guillermo; Williams, Augusta; Oulhote, Youssef; Zanobetti, Antonella; Allen, Joseph G., Spengler, John D. (2018): Reduced cognitive function during a heat wave among residents of non-air-conditioned buildings. An observational study of young adults in the summer of 2016. In: PLoS Med 15 (7). Online verfügbar unter https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002605, zuletzt geprüft am 16.06.2023.
15 BZgA (2023): Empfehlungen bei Hitze. Tipps für Kitas & Schulen. Hitze und Hitzeschutz. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Online verfügbar unter https://www.klima-mensch-gesundheit.de/hitzeschutz/kitas-und-schulen/, zuletzt geprüft am 28.06.2023.
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Bildung im Klimawandel ist eine Initiative der API Kinder- und Jugendstiftung und Active Philanthropy, gefördert von der API Kinder- und Jugendstiftung und der deutschen Postcode Lotterie. Gemeinsam arbeiten wir daran, zwei der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit zusammenzudenken, um so einen lebenswerten Planeten für diese und kommende Generationen zu erhalten. Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich bitte an info@activephilanthropy.org